Der Dialogprozess mit der brasilianischen Regierung war ein Mammutprojekt. Tatsächlich muss man eher von Regierungen sprechen, also der Mehrzahl. Schließlich fand während des Engagementprozesses die Ablösung von Präsident Jair Bolsonaro durch Luiz Inácio Lula da Silva statt.
Unter der Federführung von Tommy Piemonte (Bank für Kirche und Caritas) schlossen sich 93 katholische Institutionen zusammen, um ihrem Anliegen – dem Schutz des Regenwaldes – mehr Gewicht zu verleihen. In 49 Videokonferenzen, drei persönlichen Treffen, 40 Briefen und 295 Mails wurden 62 Organisationen und Institutionen mit 136 Kontaktpersonen kontaktiert. Gezielt vernetzte man sich dabei zudem mit anderen Investorenbündnissen.
Ein wichtiger Hebel für unser Bündnis war die öffentliche Meinung. Auch hier wurden große Erfolge erzielt, wie der Abschlussbericht darlegt: „Im Verlaufe des Engagements sind weit über 100 Berichte über unsere Engagement-Aktivitäten in renommierten brasilianischen und internationalen Medien in den unterschiedlichsten Print-, Radio-, TV-, und Videoformaten erschienen. Dazu gehören auch Medien im katholischen Kontext wie Vatican News, CELAM, La Croix, Crux Now und Catholic News Agency. Daneben haben wir in einer Vielzahl von Präsentationen, Paneldiskussionen, Vorträgen und persönlichen Gesprächen mit katholischen Institutionen und anderen Stakeholdergruppen über unsere Engagement-Aktivität berichtet.“ So ordnet Samuel Drempetic, Leiter der Abteilung Ethik und Nachhaltigkeit der Steyler Ethik Bank, das Ergebnis ein:
Nach zwei Jahren Dialog zum Schutz des Regenwaldes, was bleibt? Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Ergebnisse?
Samuel Drempetic: Vor allem möchte ich die inhaltlichen Erfolge nennen, also die strengere Umweltschutzgesetzgebung, die Aktionspläne gegen Entwaldung und einiges mehr. Dazu kommt aber auch die Erkenntnis, dass Engagementprozesse nicht nur gegenüber Unternehmen erfolgreich sein können, sondern eben auch bei Staaten. Es zeigt, welche Macht Investoren haben und wie sich diese auch sinnvoll nutzen lässt.
Klar scheint: Den größten Anteil an den erfreulichen Entwicklungen hat die Ablösung der populistischen Regierung Bolsonaro. Es war Präsident Lula da Silva der sofort entschieden gegengesteuert hat. Welchen Verdienst siehst du darüber hinaus bei unserem Bündnis und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft?
Natürlich ist es immer wieder die Diskussion, was schlussendlich die Wirkung erzielt hat. Jedoch wird sich diese Frage in einem sozialen Gefüge schwer beantworten lassen. Unser Bündnis hat zivilgesellschaftliche Akteure in Brasilien motiviert, nicht aufzugeben. Sie hatten dadurch eine größere Motivation im Wahlkampf. Man kann in der jüngsten Entwicklung eine glückliche Fügung von mehreren Ereignissen sehen. Man kann aber auch mit gleichem Recht den Schluss daraus ziehen, dass es nicht vergeblich ist, für ökologische und soziale Themen einzustehen.
93 Akteure haben gemeinsam ihre Stimme erhoben. Was ist das Besondere an gemeinschaftlichen Engagements? Was sind Stärken und Schwächen der Zusammenarbeit?
Gemeinschaftliche Engagements haben mehrere Vorteile. Nicht nur, dass Synergien entstehen und die Arbeit nicht mehrfach gemacht werden muss. Es ist auch für die Gegenseite ein Vorteil, wenn sie nicht viele Verhandlungen mit kleinen Splittergruppen führen muss, von denen unter Umständen jede ein bisschen was anderes möchte. Durch ein gemeinschaftliches Engagement sind manche Forderungen vielleicht selbst schon ein Kompromiss. Dafür lassen sich diese Anliegen aber besser mit der Gegenseite diskutieren. Es ist also nicht nur das Geld als Druckmittel, das hinter einem gemeinschaftlichen Engagement steht, sondern auch die besser vorbereiteten Positionen.
Wird die Steyler Ethik Bank derlei Prozesse weiter verfolgen?
Als Steyler Ethik Bank versuchen wir auf verschiedene Wege unsere Verantwortung als Investor zu nutzen. Wir haben festgestellt, dass wir auf nationaler Ebene bei kleinen bis mittelständischen Unternehmen eine sehr gute Gesprächsbereitschaft vorfinden, über die nachhaltige Weiterentwicklung des Unternehmens zu sprechen. Diese Möglichkeit nutzen wir vor allem bei Einzelengagements. Große, internationale Unternehmen und Staaten können wir als einzelner Investor kaum beeinflussen. Hier sind dann eher solche gemeinschaftlichen Engagements sinnvoll, wir werden diese daher weiterhin unterstützen.
Hier finden Sie unsere bisherigen Berichte zum Brasilien-Engagement:
- 27.01.2023: Brasilien-Engagement: Zwischen Hoffnung und Sorge
- 19.04.2021: Sorge um Amazonien: Ein Appell an Brasilien