Halten nachhaltige Geldanlagen, was sie versprechen? Gerade jetzt, da das Thema im Mainstream ankommt, kochen Diskussionen wieder hoch, die längst beendet schienen. Das betrifft unter anderem die Frage, ob nachhaltiges Investment eine Wirkung auf realwirtschaftliche Prozesse haben. Eine neue Studie macht Mut: Danach ist der Effekt von Divestments, darunter fällt auch der Verkauf von Wertpapieren aus nachhaltigen Motiven, messbar.
Die Wissenschaftler Rohleder, Wilkens und Zink zeigen in einer aktuellen Studie, dass Divestments sich durchaus auf Aktienkurse auswirken. Konkret beobachteten die Wissenschaftler, dass Unternehmen an Wert verloren haben, wenn ihre Anteile aufgrund zu hoher CO2-Emissionen in größerem Stil verkauft wurden. Und nicht nur das. Nicht nur der Markt, auch die betroffenen Firmen selbst reagierten auf das Divestment. Im Schnitt senkten sie ihren CO2-Ausstoß im Anschluss an ein Divestment stärker als Unternehmen, die hiervon nicht betroffen waren. (In diesem gut fünfminütigen Youtube-Video sind die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.)
Der richtige Umgang mit dem Wort Impact
Das oben genannte Beispiel zeigt, dass nachhaltig motivierte Investitionsentscheidungen durchaus Einfluss auf die Realwirtschaft nehmen. Es passiert also genau das, wofür die nachhaltigen Investoren eintreten. Bedeutet das jetzt, dass jeder Fonds der Divestment betreibt, d.h. Ausschlusskriterien umsetzt, nun ein Impact-Fonds ist?
Leider lassen sich diese Ergebnisse nicht auf jeden beliebigen Aspekt übertragen. Man denke nur an das Thema Menschenrechte. Diese lassen sich nicht so eindeutig in objektive Kriterien fassen wie CO2-Bilanzen. Die Steuerung von nachhaltigen Universen funktioniert in der Regel durch die Operationalisierung von Kriterien. Gemeint ist damit, dass es eine präzise Vorgehensweise gibt, die sich an konkreten Kennzahlen ausrichtet. Ein hoher CO2-Ausstoß lässt sich beziffern und führt dann direkt zu einem Ausschluss.
Wie misst man Menschenrechte in Zahlen?
Beim Thema Menschenrechte ist das ganz anders. Hier gibt es leider viel Spielraum zwischen einem hellgrünen und einem dunkelgrünen Fonds. Auch deswegen sind die Wirkungen von nachhaltigem Investment nicht immer so einfach und isoliert nachzuweisen. Und genau aus diesem Grund werden Berichte über mögliche Menschenrechtsverstöße in unserem Ethik-Anlagerat eingehend diskutiert und bewertet. Sich hier allein auf die Datenlieferung einer Nachhaltigkeitsagentur zu verlassen, funktioniert nicht.
Den meisten Menschen ist glücklicherweise klar, dass der Kapitalmarkt allein nicht die Welt retten wird. Aber er kann einen Beitrag leisten. Dennoch stellt sich die Frage, wie sinnvoll es ist, jeden Nachhaltigkeitsfonds als Impact-Fonds zu bezeichnen. Gemeinsam mit einer Reihe von Partnern werben wir vor diesem Hintergrund dafür, vorsichtig mit dem Begriff „Impact“ umzugehen. In einem offenen Brief (Leitlinien Impact) werben wir dafür, keine Erwartungen zu schüren, die nicht haltbar sind.
Unternehmen achten auf ihre Reputation
Nachhaltige Geldanlagen können im Sinne einer simplen Ursache-Wirkungskette wirken – wie sie die Studie für den Bereich der Emissionen aufzeigt. Aber meist ist das nicht so einfach zu messen. Dennoch sind die erwünschten positiven Auswirkungen real. Heutzutage ist es den Unternehmen nicht mehr egal, ob sie ein gutes ESG-Rating haben oder nicht. Und auch die Aufnahme in einen Nachhaltigkeitsindex ist für viele ein erstrebenswertes Ziel. Ja, gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels achten die Firmenlenker noch stärker darauf, was die Öffentlichkeit über ihr Unternehmen denkt. Daher sind wir sicher: Es lohnt sich, Investitionsentscheidungen nach ethischen, sozialen und ökologischen Kriterien auszurichten. Nur sind wir noch lange nicht da, wo wir sein wollen.
Samuel Drempetic