Ein wichtiges Instrument, mit dem nachhaltige InvestorInnen die Transformation der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit fördern, sind Engagements (Unternehmensdialoge). Dass solche Dialoge innovativ, spannend und erfolgreich sein können, zeigt ein gemeinsames Projekt der Steyler Ethik Bank mit der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft. Dieses fand im Rahmen eines Seminars zum Thema Social Banking statt. Bei dem Seminar wurden nicht nur die theoretischen Grundlagen nachhaltigen Investments vermittelt, sondern auch echte Dialoge unter realen Bedingungen gestartet. Studierende der Hochschule erarbeiteten dazu in Kleingruppen Redebeiträge für ausgesuchte Hauptversammlungen. Die Steyler Ethik Bank unterstützte sie bei der Ausarbeitung der Beiträge und machte es dann möglich, dass sie auch wirklich bei den Hauptversammlungen sprechen konnten. Dazu kaufte die Bank eigens Aktien von Puma, TAG Immobilien und Fraport und übertrug die Rederechte.
Entscheidend für Award als Bester Impact Investor
„Mit diesem Projekt haben wir Neuland betreten und eine echte Innovation geschaffen“, sagt Samuel Drempetic, Leiter der Abteilung Ethik und Nachhaltigkeit der Steyler Ethik Bank. Eine Leistung, die Anerkennung findet. So hatte das Engagement-Projekt entscheidenden Anteil daran, dass die Steyler Ethik Bank den portfolio institutionell Award 2024 als Bester Impact Investor gewann.
Die Idee, Unternehmensdialoge in Kooperation mit Studierenden durchzuführen, und so die Perspektive junger Menschen glaubhaft einzubringen, bestand bereits länger. Allerdings musste dazu die passende Partner-Hochschule gefunden werden. Hier traf es sich gut, dass Thekla Swart von der Abteilung Ethik und Nachhaltigkeit als Absolventin der Alanus Hochschule über gute Kontakte zum Fachbereich Wirtschaft verfügte. Sie gewann Professor Dr. Gregor Krämer, den Dekan des Fachbereichs, als Partner für das Projekt. Gemeinsam mit Professor Krämer gestalteten die Nachhaltigkeitsexperten der Bank dann die Inhalte des Seminars. Als Referenten unterstützen sie dabei Tommy Piemonte, der Leiter Nachhaltigkeitsresearch der Bank für Kirche und Caritas ist, sowie Emanuel Gmach vom Private Banking der Steyler Ethik Bank.
Fremdeln mit der jungen Generation
18. Juni 2024 in Alfter: Im Seminarraum 5 der Alanus Hochschule findet der Abschluss des Seminars statt. Professor Krämer will wissen, welche Erfahrungen die Studierenden auf den Hauptversammlungen in Hamburg, Frankfurt und Herzogenaurach gemacht haben. Und diese Erfahrungen sprechen wirklich Bände. „Die haben geglaubt, jetzt kommen die Klimakleber“, erzählen Neele Chiara Kroll, Hannah-Sophie Müller und Miramar Jakobs von der Puma-Hauptversammlung. Wäre das nur einmal vorgekommen, man könnte es als lustige Anekdote abtun. Aber anscheinend sitzt die Angst vor den Klima-Aktivisten tief und ist vor allem weit verbreitet. Denn auch bei TAG Immobilien fürchtete man beim Eintreffen der jungen Generation, nun habe man Fridays for Future im Haus, wie Johanna Kadelbach und Miriam Andritzky erfuhren. Und im Hause Fraport zeigte man sich ebenfalls erleichtert, dass die jungen Leute nur reden wollten. „Die haben wohl auch gedacht, wir könnten Ärger machen“, erzählen Nurzisan Yilmaz, Maximilian Schreiner und Mario Schwarz.
Es ist erhellend und auch mitunter lustig, die Hauptversammlungen aus der Perspektive von jungen Menschen zu betrachten. Das Team Fraport führt den KommilitonInnen Highlights aus der Rede des Vorstandsvorsitzenden per Video vor. Den Anfang machen bemüht witzige Seitenbemerkungen, die so gar nicht den Humor der Studierenden treffen. Es folgen Sequenzen, in denen der Begriff Nachhaltigkeit zusammenhanglos eingestreut wird, um sofort danach von Wachstum und Rendite zu sprechen. Höhepunkt ist schließlich das Versprechen von Fraport, bis 2045 klimaneutral zu wirtschaften. Hört sich schön an, ist aber bei weitem nicht so spektakulär, wie es scheint, denn das Unternehmen bezieht sich nur auf Scope 1 und 2. Die Gruppe hat herausgefunden, dass Fraport die Klimabilanz der Flüge selbst weitgehend ausklammert. Nur die Emissionen von Start und Landung, also bis 800 Meter Flughöhe, gehen in die Berechnung der Klimaneutralität ein. Damit bleibt der Löwenanteil der Klimabelastungen, die durch den Flugverkehr entstehen, außen vor.
Aufregend war’s – aber es hat sich gelohnt
Insgesamt acht Studierende haben an dem Seminar teilgenommen und sind zu den Hauptversammlungen gereist. Sie alle berichten, wie aufregend und in Teilen auch fremd die Erfahrung für sie war. Das Bild, welches sie von den Aktionärsversammlungen zeichnen, ist in Teilen wenig schmeichelhaft. Sie fremdeln mit den vielen älteren, meist männlichen Anlegern. „Der größte Aufreger war anscheinend, dass es zu wenige Schnitzel auf dem Buffet gab.“ Oder wundern sich, wie viele Stühle während der Vorträge freibleiben, weil die Anleger schon bei Kaffee und Kuchen im Foyer stehen. Außerdem fielen ihnen die vielen kleinen Widersprüche in den Selbstdarstellungen der Unternehmen auf.
Aber es gibt auch Positives. Bei allen Versammlungen machen die Studierenden auch echtes Bemühen und gute Ansätze in puncto Nachhaltigkeit aus. Und vor allem haben sie das Gefühl, dass man ihnen wirklich zugehört hat. Dabei mag die Angst davor, dass sich die Redner ans Pult kleben könnten, auch eine Rolle gespielt haben. Aber am Ende ist es doch ein gutes Zeichen, wenn Aufsichtsratsmitglieder und Vorstände das direkte Gespräch mit den Rednern suchen. Denn um genau solche Dialoge geht es ja bei dem Projekt. Verbunden mit der Hoffnung, dass sich alle Beteiligten wirklich bemühen, nachhaltiger zu handeln.
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Hier erzählen die Beteiligten, was sie bei den Hauptversammlungen erlebt haben:
- Miramar Jakobs, Neele Chiara Kroll und Hannah-Sophie Müller waren bei Puma: zum Interview
- Miriam Andritzky und Johanna Kadelbach waren bei TAG Immobilien: zum Interview
- Maximilian Schreiner, Nurzisan Yilmaz und Mario Schwarz waren bei Fraport: zum Interview