„Keine andere Kooperation hat mir so viel Verantwortung und gegeben“

Die Steyler Ethik Bank hat drei Teams von Studierenden ermöglicht, eine gemeinsam erarbeitete Rede auf einer Hauptversammlung zu halten. Angesprochen wurden wichtige Nachhaltigkeitsthemen. Bei der Puma-Hauptversammlungen wurde kritisiert, dass das Unternehmen seine Zielvorgaben bei Wassereinsparungen verfehlt und nicht ausreichend erneuerbare Energien nutzt. Auch mehr Transparenz bezüglich der Lieferkette wurde angemahnt. Hier berichtet das Team Puma von seinen Erfahrungen.

Was war euer erster Gedanke, als Professor Krämer von der Idee eines gemeinsamen Engagementseminars mit der Steyler Ethik Bank berichtete? 

Miramar Jakobs: Als ich das Seminar zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich mir: „Ach, eigentlich habe ich meine Kurse schon alle belegt und die Bachelorarbeit steht jetzt an.” Aber das hat einfach zu spannend geklungen, und ich habe mich trotzdem aus intrinsischem Interesse angemeldet! Einerseits reizte mich die Erfahrung, auf einer Hauptversammlung zu sein und konkret etwas bewegen zu können, und andererseits die Kooperation mit der Steyler Ethik Bank, welche so ein starkes Vertrauen in uns Studierende hat. Zuerst war ich schon verwundert, was eine Bank mit einer aktivistischen Engagementrede zu tun hat. Die Kooperation mit der Steyler Bank hat den Realitätsbezug und die Ernsthaftigkeit verstärkt. 

War die Zusammenarbeit von Alanus Hochschule und mit der Steyler Ethik Bank für euch etwas Besonderes, oder sind solche Kooperationen mittlerweile häufiger zu finden?

Miramar Jakobs: Die Zusammenarbeit mit einem anderen Unternehmen habe ich während meines Studiums schon oft erlebt, aber keine andere Kooperation hat mir so viel Verantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Auch das Vertrauen und die Unterstützung wie in diesem Zusammenhang habe ich selten erlebt. Vor allem auch, dass am Ende der Kooperation konkret etwas bewegt und umgesetzt wurde.

Das gemeinsame Projekt verfolgt mehrere Ziele. Hauptanliegen ist, die nachhaltige Transformation zu fördern. Aber auch finanzielle Bildung gehört dazu: Wie beurteilt ihr die Wirkung? Sind wir hier weitergekommen?

Miramar Jakobs: Das Projekt hat mir vor allem gezeigt, wie Aktivismus für eine nachhaltige Transformation im bestehenden System möglich ist. Was es bedeutet, nachhaltig zu investieren, welche Verantwortung Geld mit sich bringt und was man durch Geld indirekt unterstützt – sowohl Negatives als auch Positives. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, in weitere Engagementprozesse einzusteigen, weil ich/wir gemerkt haben, dass das die nächstliegende Schnittstelle zu einem Unternehmen ist. Die finanzielle Bildung in diesem Modul umfasste die Funktionsweise des Aktienmarktes von dem Anlegen über die Mechanismen in der Hauptversammlung bis hin zum ESG-Rating.

Was war eure Motivation, bei diesem Projekt mitzumachen?

Hannah-Sophie Müller: Privat habe ich mich in letzter Zeit sehr viel mit nachhaltigen Geldanlagen beschäftigt und fand es spannend, mich intensiv mit einem Unternehmen und dessen Potentialen im Bereich Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Die einzigartige Möglichkeit, dies als Aktionärin mit Rede- und Stimmrechten und fachlicher Anleitung zu tun, wollte ich mir nicht entgehen lassen. 

War es schwer, sich in die zugrundeliegenden Themen einzuarbeiten?

Miramar Jakobs: Das Thema Aktienmarkt war für mich auf jeden Fall noch Neuland und abstrakt, aber durch die Erarbeitung der Rede ist man zwangsläufig auch tief und autodidaktisch in die zugrunde liegende Thematik eingetaucht. Wodurch der Lerneffekt noch größer war. Die größte Herausforderung bestand darin, sich in die Strukturen des Unternehmens einzuarbeiten und hinter die Fassade des zweihundert Seiten starken Nachhaltigkeitsberichts zu blicken.

Wie hat sich euer Verständnis von Aktieninvestments verändert?

Hannah-Sophie Müller: Mir wurde klar, dass man nicht nur für das Erwirtschaften einer Dividende Aktien kaufen kann, sondern auch, um sich für persönliche Anliegen durch ein Engagement mit dem Unternehmen einzusetzen. Jede:r Aktionär:in hat ein Mitentscheidungsrecht und kann dieses dafür nutzen, sozial und ökologisch verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Daher geht mit jedem Investment auch eine gewisse Verantwortung einher, die es zu nutzen gilt.

Was waren die größten Aha-Effekte?

Miramar Jakobs: Mein bedeutendster Aha-Moment war die Erkenntnis, dass es für Aktionäre in erster Linie um das Buffet oder die Dividende geht. Mir wurde bewusst, wie streng strukturiert und rechtlich relevant die Welt der Aktien ist, sowohl aus juristischer als auch aus marketingtechnischer Sicht. Doch besonders beeindruckend war für mich zu sehen, wie Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit handhaben und dabei scheinbar kaum angreifbar sind, obwohl sie äußerst transparent wirken. Das Problem der Nachhaltigkeit liegt nicht nur in bestimmten Praktiken, sondern grundlegend im Geschäftsmodell selbst (Fast Fashion). Es wurde mir klar, dass der Aktienmarkt nur funktioniert, wenn kontinuierliches Wachstum generiert wird und dieses Wachstum nicht hinterfragt wird.

War die Hauptversammlung so, wie ihr euch das erwartet habt?

Hannah-Sophie Müller: Die Hauptversammlung fand in einem großen unternehmensinternen Raum statt. Es gab ein Foyer, wo das Buffet aufgebaut war und einen Einlass mit Kontrollen. Das Programm bestand aus Vorträgen und Redebeiträgen, so wie man uns es im Vorhinein angekündigt hatte. Besonders war der Kleidungsstil. Ich hatte mich auf viele anzugtragende Menschen eingestellt. Jedoch waren die meisten, inklusive des Vorstands, eher leger gekleidet. 

Könnt ihr euch vorstellen, euch beruflich für nachhaltige Geldanlagen einzusetzen?

Miramar Jakobs: Ich persönlich kann mir auf jeden Fall vorstellen, diesen Engagementprozess weiter zu verfolgen. Weil er nicht nur am Schreibtisch stattfindet, sondern auch im sozialen Kontakt. Ich habe in diesem Prozess auch gemerkt, dass Geld so viel Einfluss hat und vieles bewegt, positiv wie negativ. 

Mit folgendem Beitrag wandten sich die Studierenden an die Puma-Aktionärsversammlung: Puma-HV Redebeitrag